Es war Mitte August, als ich beschloss, dem hektischen Alltag zu entfliehen und mich auf eine kleine Reise in den Süden Italiens zu begeben. Mein Ziel: Polignano a Mare, ein kleiner, aber unglaublich faszinierender Küstenort in Apulien. Ich hatte viel über diesen Ort gehört – von steilen Klippen, weißen Häusern und türkisfarbenem Wasser war die Rede. Doch keine Beschreibung konnte dem gerecht werden, was ich dort tatsächlich erlebt habe.
Schon bei der Ankunft am Bahnhof von Polignano a Mare schlug mir die typische Sommerhitze Apuliens entgegen – drückend, aber auch irgendwie wohltuend. Die Sonne brannte erbarmungslos vom Himmel, das Thermometer zeigte über 35 Grad. Ich hatte mir eine kleine Unterkunft im historischen Zentrum gebucht – ein Bed & Breakfast mit einer Dachterrasse, von der aus man direkt aufs Meer blicken konnte.
Nach dem Einchecken packte ich nur das Nötigste aus, warf mich in Badekleidung und machte mich sofort auf den Weg zur berühmten Lama Monachile Bucht. Diese kleine, von hohen Kalksteinfelsen eingerahmte Bucht war so spektakulär wie auf den Bildern, die ich im Internet gesehen hatte. Der weiße Kieselstrand, das tiefblaue Wasser und die in die Felsen gebauten Häuser – es war einfach magisch.

Ein erster Sprung ins glasklare Wasser
Ich konnte nicht widerstehen – trotz der Hitze und der vielen Menschen am Strand sprang ich direkt ins Wasser. Das Meer war angenehm kühl, erfrischend und unglaublich klar. Sobald ich untergetaucht war, spürte ich, wie die Hitze des Tages von mir abfiel, wie mein Körper zur Ruhe kam. Ich schwamm ein Stück hinaus, ließ mich vom Wasser tragen, blickte nach unten – und sah den Meeresgrund so deutlich, als wäre er nur wenige Zentimeter entfernt. Die Kieselsteine leuchteten hell unter der Oberfläche, und kleine Fische huschten zwischen ihnen hindurch. Es war, als wäre ich in eine andere Welt eingetaucht – ruhig, friedlich und vollkommen.
Es war ein Gefühl von Freiheit, von Glück und von tiefer Dankbarkeit. Ich war ganz bei mir, vollkommen im Moment. All der Lärm, die Sorgen, der Stress des Alltags – sie verschwanden einfach, lösten sich auf im Rhythmus der Wellen. Ich ließ mich treiben, mal auf dem Rücken liegend, mal mit weiten Zügen schwimmend. Um mich herum das glitzernde Wasser, über mir der wolkenlose Himmel – ein Postkartenbild, das lebendig geworden war.
An diesem Nachmittag blieb ich stundenlang am Wasser. Ich setzte mich zwischendurch auf einen warmen Felsen am Rand der Bucht, ließ die Sonne meine Haut trocknen und beobachtete das Leben um mich herum. Mutige Einheimische sprangen in waghalsigen Sprüngen von den Klippen ins Meer – mit Applaus von den Umstehenden. Kinder bauten kleine Steinmauern am Wasserrand, ihre Eltern sonnten sich oder unterhielten sich lautstark, wie es nur Italiener können.
Ich roch das Salz in der Luft, das mit jeder Brise von der Gischt herübergetragen wurde, gemischt mit dem Duft von Sonnencreme, Zitroneneis und der fernen Pizza eines Strandrestaurants. Ich hörte das Lachen der Kinder, das Kreischen der Möwen, das rhythmische Klatschen der kleinen Wellen an den Strand. Und ich ließ meine Gedanken treiben, ohne Ziel, ohne Zwang.
Ich war angekommen – nicht nur körperlich, sondern auch geistig. Es war, als hätte Polignano a Mare mich mit offenen Armen empfangen und gesagt: „Bleib. Atme. Lebe.“ Und genau das tat ich.
Kulinarische Entdeckungen
Polignano a Mare ist nicht nur für seine Naturschönheit bekannt, sondern auch für seine Küche. Am Abend machte ich mich auf die Suche nach einem Restaurant mit Meerblick und landete schließlich bei „Grotta Palazzese“ – einem der spektakulärsten Restaurants Italiens, das in eine Höhle gebaut ist. Ich gönnte mir ein Glas Weißwein aus der Region, ein Carpaccio vom Thunfisch und als Hauptgang „Orecchiette alle cime di rapa“, ein typisch apulisches Gericht.
Der Blick aufs Meer, das sanfte Licht der untergehenden Sonne, das Rauschen der Wellen – all das machte dieses Abendessen zu einem unvergesslichen Erlebnis. Ich hatte selten so intensiv das Gefühl, im richtigen Moment am richtigen Ort zu sein.
Spaziergang durch die Altstadt
Am nächsten Morgen, noch vor der großen Hitze, machte ich mich auf einen Spaziergang durch die Altstadt von Polignano a Mare. Enge Gassen, weiße Häuser mit bunten Fensterläden, charmante kleine Geschäfte und an jeder Ecke Poesie – im wahrsten Sinne des Wortes. Viele Hauswände sind mit Gedichten beschrieben, auf Italienisch, manchmal auch auf Spanisch oder Französisch.
Ich setzte mich auf eine Bank in der Nähe der Piazza Vittorio Emanuele II, trank einen Espresso und beobachtete das Treiben. Touristen mit Kameras, Kinder mit Gelato in der Hand, ältere Herren, die diskutierten, als wäre es eine ernste politische Debatte – das echte italienische Leben.
Grottentour mit dem Boot
Ein absolutes Highlight war die Bootstour entlang der Küste, die ich für den Nachmittag gebucht hatte. Vom kleinen Hafen aus startete ein lokaler Kapitän mit uns in Richtung der Meeresgrotten. Die Küste von Polignano a Mare ist durchzogen von natürlichen Höhlen, die nur vom Wasser aus zugänglich sind.
Wir fuhren in mehrere Grotten hinein – darunter die berühmte Grotta Azzurra, in der das Licht auf spektakuläre Weise reflektiert wird. Ich konnte kaum glauben, dass sich solche Naturwunder direkt unter den Füßen der Altstadt befinden. Das Wasser war dort noch klarer, noch blauer – fast unwirklich. Zwischendurch hielten wir an und konnten direkt vom Boot ins Wasser springen. Ich fühlte mich wie ein Kind – frei, unbeschwert und voller Lebensfreude.
La Dolce Vita in Reinform
Die folgenden Tage verbrachte ich mit einem ausgewogenen Rhythmus aus Erkundungen und Entspannung. Ich genoss Granita und Caffè Leccese in kleinen Cafés, aß Focaccia am Strand, beobachtete den Sonnenuntergang von der Terrasse Santo Stefano aus und schrieb Notizen in mein Reisetagebuch.
Was Polignano a Mare so besonders macht, ist die Kombination aus natürlicher Schönheit, kultureller Tiefe und echtem süditalienischen Lebensgefühl. Hier scheint die Zeit langsamer zu vergehen. Niemand hetzt, niemand drängt. Man lebt – und zwar intensiv.

Tipps für Reisende im August
Natürlich ist der August auch der heißeste und touristisch intensivste Monat in Süditalien. Deshalb hier ein paar Tipps aus meiner Erfahrung:
- Früh aufstehen: Wer die Altstadt oder die Sehenswürdigkeiten ohne Massen erleben möchte, sollte früh aufstehen. Ab 9 Uhr füllt sich alles schnell.
- Reservierungen sind Pflicht: Restaurants – besonders am Wasser – sind im August oft Wochen im Voraus ausgebucht. Wer Grotta Palazzese oder beliebte Trattorien besuchen möchte, sollte rechtzeitig reservieren.
- Sonnenschutz nicht vergessen: Der Sonnenschein ist erbarmungslos. Sonnencreme, Hut und Wasser sind ein Muss.
- Lokale Produkte kaufen: Polignano bietet großartige lokale Produkte wie Olivenöl, Feigenmarmelade oder handgefertigte Keramik. Eine schöne Erinnerung oder ein tolles Geschenk.
- Nicht hetzen: Polignano ist kein Ort für To-do-Listen. Es ist ein Ort, um einfach zu sein. Setz dich in ein Café, lausche der Musik, lies ein Gedicht an der Wand.
Mein persönliches Fazit
Polignano a Mare hat mein Herz erobert – und zwar vollständig. Die Schönheit der Natur, die Herzlichkeit der Menschen, die intensive Sonne und das ruhige, glitzernde Meer haben in mir eine tiefe Zufriedenheit ausgelöst, wie ich sie nur selten verspüre. Schon bei der Ankunft spürte ich, dass dieser Ort etwas Besonderes ist – nicht nur wegen seiner spektakulären Klippen und dem türkisfarbenen Wasser, sondern wegen seiner Atmosphäre, seiner Seele.
Es gibt Orte, an die man reist, um Sehenswürdigkeiten abzuhaken. Orte, die man besucht, weil sie auf einer Liste stehen. Und dann gibt es Orte wie Polignano a Mare – Orte, an die man reist, um etwas zu fühlen. Hier geht es nicht nur darum, schöne Fotos zu machen oder das nächste Instagram-Motiv zu finden. Es geht darum, den Moment zu leben. Die Sonne auf der Haut zu spüren, während man mit nackten Füßen über heißen Kiesel läuft. Den Klang der Wellen zu hören, die gegen die Felsen schlagen. Den Duft von Meer, Salz, frischer Focaccia und Zitrone einzuatmen.
Ich erinnere mich besonders an einen Moment: Ich saß auf einer der Aussichtsterrassen über dem Meer, ein leichter Wind spielte mit meinem Haar, unter mir das endlose Blau, vor mir die Sonne, die langsam unterging. Ich hatte keine Kamera dabei, kein Handy, nichts. Nur mich selbst. Und dieses Gefühl, das ich kaum in Worte fassen kann – eine Mischung aus Dankbarkeit, Staunen und innerem Frieden. Es war einer dieser seltenen Augenblicke, in denen die Zeit stillzustehen scheint.
Die Menschen in Polignano sind offen, warmherzig und voller Stolz auf ihre Heimat. Man spürt in jedem Gespräch, dass sie wissen, wie besonders dieser Ort ist – und dass sie ihn mit anderen teilen möchten, ohne seine Seele zu verlieren. Trotz der vielen Touristen im August hatte ich nie das Gefühl, nur eine Nummer zu sein. Ich wurde begrüßt, eingeladen, angelächelt. Diese Echtheit berührte mich tief.
Polignano a Mare ist für mich ein Stück vom Paradies – ja, auch im heißen, manchmal überfüllten August. Vielleicht sogar gerade dann, weil sich das Leben so intensiv anfühlt. Weil die Abende lang sind, das Gelächter laut, das Eis kalt, das Meer warm. Weil man spürt, dass der Sommer hier noch gelebt wird wie früher – nicht als Kulisse, sondern als echtes, gelebtes Leben.
Ich weiß jetzt schon: Ich werde zurückkehren. Vielleicht nicht im August, wenn alles brennt vor Hitze. Vielleicht im Frühjahr, wenn die Mimosen blühen, oder im goldenen Herbst, wenn die Luft klar und der Ort ruhiger ist. Aber eines ist sicher – Polignano a Mare hat einen festen Platz in meinem Herzen gefunden. Und ich bin sicher, dass dieser Ort mich nie ganz loslassen wird.
Denn manche Reisen enden nicht mit dem Rückflug. Sie begleiten uns – als Gefühl, als Erinnerung, als Sehnsucht. Und Polignano ist genau so eine Reise.